Nicht mehr ohne Bebauungspläne

Nicht mehr ohne Bebauungspläne

Derzeit beschäftigen zwei riesige Bauvorhaben im Gemeindegebiet St. Lorenz den Bauausschuss, den Gemeinderat und die Bevölkerung. Hinter beiden stehen die Firmen Bauzone GmbH bzw. NCM GmbH. Die Bevölkerung hat nur durch Zufall von diesen Bauvorhaben erfahren.

Gemeindeplanet 01 2020 Grune MondseelandZunächst geht es um die ehemaligen „Sesser-Gründe“ an der Thalgaustraße, auf denen Wohneinheiten, aber auch einige Gewerbebetriebe geplant sind. Hier hat sich bereits eine Anrainergruppe formiert, um Widerstand zu leisten. Das Bauvorhaben ist nicht nur weit überdimensioniert - 13,5 m Firsthöhe, sondern auch von seiner gewerblichen Nutzung unakzeptabel für das in unmittelbarer Nachbarschaft gelegene ruhige Wohngebiet.

Geplant war ein Fitnessstudio mit Publikumsverkehr bis zumindest 22:00 Uhr und ein Lokal mit noch längeren Öffnungszeiten. Mit welchem zusätzlichen Verkehr gerechnet wird, zeigt die Tatsache, dass 120 Parkplätze geplant waren. Dieses Projekt wurde allerdings bereits von der Behörde in der Vorbegutachtung abgelehnt, zumindest was die Dimensionierung betrifft. Zur vorgesehenen gewerblichen Nutzung gibt es zurzeit noch keine Stellungnahme.

Der Bauwerber ist aktuell aufgefordert, ein kleineres, verträglicheres Projekt einzureichen. Wir Grünen St. Lorenz verfolgen genau, was dabei herauskommt.

Bürgermeister Hammerl steht hinter diesem Projekt. Er hat den Bauausschuss unzureichend informiert und wollte das Vorhaben offensichtlich durchbringen, ohne die Anrainer und Anrainerinnen mit einzubeziehen. Eine Vorgangsweise, die seinen Versprechungen vor seiner Wahl zum Bürgermeister, nämlich Bürgernähe, Information und Transparenz, entgegensteht. Müssen hier die BürgerInnen wieder vor Gericht ihre Interessen durchsetzen? Die Einwände der betroffenen Bürger wurden vom Bürgermeister bisher ignoriert.

Neuer Anlauf – Bebauung Höribachfeld

Das zweite, weitaus größere Bauvorhaben betrifft das Höribachfeld (neben Hofer). Hier hat der Bauwerber eine weitere Planung vorgestellt: zehn Reihenhäuser an der Straße, sieben Wohnblocks und eine Tiefgarage mit 160 Abstellplätzen. In Summe ergibt dies bis zu 120 Wohneinheiten.

horibach

Auch hier steht Bürgermeister Hammerl hinter dem Projekt, eine ausführliche Diskussion im Bauausschuss und im Gemeinderat konnte er allerdings nicht verhindern. Wir werden auch hier genau verfolgen, wie sich die Sache entwickelt. Im Bauausschuss wurdevereinbart, die Grundlagen für die Erstellung eines Bebauungsplanes für dieses Grundstück gemeinsam mit dem Ortsplaner zu erarbeiten.

Wir Grünen sind bei diesem Projekt besonders aufmerksam, weil das derzeit geplante Vorhaben gegen mehrere Beschlüsse des Gemeinderats und gegen die Planungsziele des vom Gemeinderat beschlossenen Örtlichen Entwicklungskonzeptes (ÖEK) verstößt.

Eine Chronologie der Vorgänge seit 2015 findet sich unter www.gruenemondseeland.at.

Das Örtliche Entwicklungskonzept - ÖEK gilt, oder?

Dazu einige Informationen:
Im Herbst 2019 - nach mehr als drei Jahren – wurde endlich das ÖEK für St. Lorenz im Gemeinderat beschlossen. Es gilt für die nächsten 10 Jahre und legt die Leitlinien für die räumliche, bauliche sowie infrastrukturelle Entwicklung der Gemeinde fest, an die sich der Bürgermeister und der Gemeinderat bei allen entsprechenden Entscheidungen zu halten haben.
Es wird ausdrücklich festgestellt, dass die Gemeinde einen großen Überhang an bereits gewidmetem Bauland hat und daher keine weiteren Umwidmungen mehr beschlossen werden sollen.

Für St. Lorenz geben der durchführende Raumplaner und das Land OÖ den Wohnungsbedarf für die nächsten zehn Jahre mit 60 bis 80 Einheiten an.

Alles darüber hinaus würde die Gemeinde bezüglich Infrastruktur - Krabbelstuben, Kindergarten, Schule, betreubares Wohnen, Kanal und Wasser, Straßen, Verkehr - überdurchschnittlich belasten. Pro Jahr sollten daher 7 bis 8 Wohnungseinheiten fertig gestellt werden. 2018 wurden bereits ca. 15 Einheiten fertig gestellt, 2019 ca. weitere 15. Für 2020 gibt es bereits Wünsche von Bauträgern für mehr als 120 Wohneinheiten. Die vom ÖEK vorgesehene Anzahl von benötigten Wohneinheiten bis 2029 würde also bereits 2021 mehr als doppelt erfüllt sein! Wir sind gespannt, wie sich die verantwortlichen Gemeindepolitiker und insbesondere Bürgermeister Hammerl diesem Widerspruch zum beschlossenen ÖEK stellen werden. Die Bauträger und Grundbesitzer mit ihren bereits gewidmeten Baugründen und ihrem einzigen Anspruch - nämlich Spekulation und Gewinnmaximierung zu Lasten der Allgemeinheit - werden nicht locker lassen. Welche Interessen haben für den Bürgermeister Vorrang?

In seinem Wahlprogramm zur Bürgermeisterwahl 2018 hat der damalige Kandidat Andreas Hammerl zum Thema Bauen und Wohnen folgendes gesagt: „Für mich steht fest: Wir müssen bei den Themen Bauen, Wohnen und Widmen wieder für mehr Ordnung sorgen. Für gewerbliche Wohnprojekte soll es daher einen zeitlich befristeten Widmungsstopp für Bauland geben, bis der Gemeinderat Bebauungspläne ausgearbeitet hat.“

Warum hält sich der gewählte Bürgermeister nicht an seine eigenen Wahlversprechen?

PETER HILLER
JOSEF DOBESBERGER

Veröffentlicht am 17.06.2020