Nach 77 Jahren Vermisstenschicksal geklärt

Zell am Moos. Nach 77 Jahren konnte das Schicksal eines im Krieg Vermissten aus Zell am Moos geklärt werden.

Es waren die letzten Kriegswochen angebrochen. Die Rote Armee rückte gegen Berlin vor. Im sogenannten Oderbruch bei Frankfurt an der Oder hatte die deutsche Wehrmacht eine letzte Verteidigungslinie vor der Hauptstadt errichtet. Doch die Übermacht der Russen war erdrückend, und sie kesselten die deutschen Verteidiger ein. Weitere deutsche Soldaten wurden zusammengezogen, um den eingekesselten Kameraden zu Hilfe zu kommen. Unter ihnen war Josef Pöckl, 1918 geborener Bauernsohn vom Lechnergut in Zell am Moos. Doch der Versuch endete für viele, auch für Josef Pöckl, tödlich. Er fiel im feindlichen Kugelhagel und wurde wie seine Kameraden bei Frankfurt an der Oder in fremder Erde verscharrt. Beim Grab seiner Witwe Anna Pöckl am Zeller Gemeindefriedhof steht am Grabstein eine Inschrift mit dem Hinweis „Vermisst“.

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Seit Jahren forscht der „Verein zur Bergung Gefallener in Osteuropa“ zu Schicksalen Kriegsvermisster. Und tatsächlich fanden sie in einer Tiefe von 80 cm im Erdreich die sterblichen Überreste von sechs Soldaten, darunter jene von Josef Pöckl. Sein Sterbedatum konnte von den Forschern auf die Zeit zwischen 20. und 23. März 1945 eingegrenzt werden. Identifiziert wurde er anhand seiner Erkennungsmarke. Mittlerweile wurde Josef Pöckl in einem Friedhof in Wuhden, nahe von Frankfurt an der Oder, bestattet. Anstelle eines Grabsteins wurde für die Bestatteten eine Stele errichtet.
Über Umwege ging die Nachricht, man habe von Josef Pöckl sterbliche Überreste gefunden, an den Neffen Alois Pöckl (67), einem pensionierten Bankangestellten. Der wiederum hielt Kontakt zu dem Verein in Berlin und informierte die noch lebenden Verwandten von Josef, vorrangig dessen Tochter Theresia (81), verwitwete Köck. „Durch die Informationen ist für die Familie die Ungewissheit beendet, weil Klarheit über das Schicksal von Josef besteht“, sagt Alois Pöckl. Der Familie wurden sogar noch zwei Gegenstände aus dem Besitz des Gefallenen übermittelt, sein Ehering und ein Rosenkranz, den er immer bei sich trug.

Josef hätte – wäre er aus dem Krieg heimgekehrt – möglicherweise den Lechnerhof als Bauer übernommen, da sein Bruder Matthias als vorgesehener Hofnachfolger noch heute als im Krieg vermisst gilt.

Norbert Blaichinger

Veröffentlicht am 03.02.2023