Norbert Blaichinger mal selbst im Gespräch

Norbert Blaichinger mal selbst im Gespräch

„Eine Reportage über Obdachlose zu schreiben würde ich jedem Krimi vorziehen.“

Fragen an den Journalisten, Publizisten und freien Autor Norbert Blaichinger (62) über seinen Erzählband „Hetzjagd“, inspirierende Orte des Schreibens, die Arbeit für ML24 und Corona-Befindlichkeiten.

ML 24: Lieber Norbert, du hast jetzt gerade deinen ersten Erzählband „Hetzjagd“ veröffentlicht. Warum weg vom Sachbuchautor?
BlaichingerHetzjagdBlaichinger: Ich wollte einfach einmal etwas anderes machen, und ein Erzählband auf der Basis wahrer Geschehnisse in der Irrseeregion schien mir ein guter Versuch. Und spannend war er auch. Zumindest für mich.

ML 24: Welche Geschehnisse hast du deinen freien Erzählungen zugrunde gelegt?
Blaichinger: Das erste Ereignis war die Hetzjagd auf den Deserteur Alois Zierler im Dezember 1944. Die Geschichte, die ich darauf aufgebaut habe, ist quasi ein Stimmungsbild der damaligen Zeit. Das zweite Ereignis beruht auf den Benediktinerpater B., der von 1986 bis 1990 in Zell am Moos und Oberhofen unheilig wirkte. Die lokalen Ereignisse habe ich dabei nur kursorisch gestreift. Die dritte Geschichte basiert auf einem im Irrsee offensichtlich gekenterten und ertrunkenen Fischer, von dem man weder Boot oder Sonstiges entdeckt hat. Diese Erzählung mit dem Titel „Zwei Leben“ ist natürlich ebenfalls frei erfunden. Geschichten ohne Wahrheitsbezug also, aber unterhaltend und vor allem zum Nachdenken anregend.

ML 24: Kann man damit rechnen, dass du künftig noch mehr Erzählbände oder auch Romane schreibst?
Blaichinger (lacht): Davor braucht sich niemand zu fürchten. Kürzere Geschichten eventuell ja, Romane sicher nicht. Aber im Prinzip bin ich ein an Fakten orientierter Mensch, der sich vor allem für Geschichten und Schicksale von Menschen interessiert. Im Klartext: Eine Recherche über Obdachlose oder andere Randgruppen würde ich jedem Krimi, den ich von A bis Z erfinden müsste, vorziehen.

ML 24: Du schreibst viel in Slowenien. Derzeit aber nicht. Warum?
Blaichinger: Wegen der Corona-Beschränkungen. Aber es stimmt, ich brauche immer wieder eine andere Umgebung, wenn ich schreibe. Das ist einmal der Balkon daheim in Zell am Moos mit Blick auf den Irrsee, dann der ruhige Garten bei einer lieben Bekannten nahe Wels und natürlich die slowenische Therme, in der ich viel Zeit verbringe. Alles inspirierende Orte für mein Schreiben.

ML 24: Seit Mai 2020 arbeitest du auch für uns. Was gefällt dir an ML 24?
Blaichinger: Ich kann nur sagen, dass ich hier vom Team viel Wertschätzung erlebe. Das motiviert. Überhaupt halte ich dieses Medienunternehmen für ein absolut aufstrebendes, das sich noch viel mehr Anerkennung verdienen würde. Ich glaube auch, dass das Konzept, Positives aus dem Mondseeland zu berichten, richtig ist. Dass es da und dort auch Kritik geben muss, ist klar. Aber insgesamt sollte immer das Positive aus und in der Region im Vordergrund stehen.

ML 24: Eine letzte Frage: Wie gehst du persönlich mit der Corona-Krise um?
Blaichinger:
Eigentlich so, wie jeder verantwortungsbewusste Mensch. Mund-Nasenschutz tragen, wo es vorgeschrieben ist. Abstand halten. Das ist ja zu bewältigen. Schlechter ist, dass meine Planungen für 2020 völlig über den Haufen geworfen wurden. Frachtschiffreise storniert, Slowenien verschoben. Das hat mich nicht wirklich amüsiert, ist aber auch keine Tragik.

ML 24: Danke für das Gespräch!

Erhältlich ist Blaichingers neuestes Buch "Hetzjagd" (Verlag Innsalz) bei Trafik Lettner und Postpartner Eppel in Zell am Moos sowie Foto Schwaighofer in Mondsee.

Veröffentlicht am 24.07.2020