Europaschutzgebiet in Vergessenheit geraten?

Europaschutzgebiet in Vergessenheit geraten?

Das teils großflächige Ab- und Ausholzen im Mondseeland war zuletzt nicht zu übersehen. Viele Bewohner*innen des Mondseelandes haben uns darauf angesprochen. Entlang von Gräben, Böschungen, Ufern und Straßen wurde herausgeholt, was nur möglich ist.

Am Beispiel St. Lorenz: Ein Teil der Gemeindefläche steht unter „besonderem Naturschutz“ und muss vor diesen, teils brutalen Eingriffen verschont bleiben – meinte man.

Der Unterlauf der Fuschler Ache von der Mondseemündung bis zum Querbauwerk „Ausleitung Wagnermühle–Hollweger“ gehört zum Natura 2000 Europaschutzgebiet Mondsee-Attersee und genießt Schutzstatus entsprechend der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH).

Das wesentliche Ziel der Richtlinie ist die Erhaltung und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt.
Die Fuschler Ache ist jedoch schon seit Längerem zu einem Entsorgungskanal und Versorgungsobjekt verkommen.

Die Bedrohlichkeit während ihrer Hochwasserführung ist zum Teil hausgemacht. Auch steht die unkontrollierte Entnahme von Holz im Raum – mitunter als Pflegemaßnahmen getarnte Eingriffe.
Ihren Höhepunkt fanden die Aktionen im Kahlschlag des Nordufers im obersten Bereich des Schutzgebietes nahe der Wehr. Der Baumbestand am gegenüberliegenden Südufer wurde einige Jahre zuvor verwertet.

Übersehen werden bei dieser intensiven Nutzung auch die direkten Auswirkungen auf die Lebewesen im Gewässer selbst.

Zum einen fehlt Beschattung und Deckung für die Fische und deren Brut. Hinzu kommen die weiteren Belastungen wie Sedimententnahmen, Gülleeintrag oder Eintiefung des Bachbetts. Ganz klar führt der Kahlschlag von den gesetzten Natura 2000-Zielen weg. Es ist von einer Verschlechterung des bisherigen ökologischen Zustandes auszugehen – im Widerspruch zu den Zielen der FFH- und Wasserrahmen-Richtlinien!

MICHAEL NILSSON

 

Fragen, die sich uns stellen:

  • Wer kontrolliert die OÖ Natura 2000-Schutzmaßnahmen?
  • Wer wird aktiv im Falle von unkontrollierten Holz- und Sedimententnahmen aus wirtschaftlichen Gründen?
  • Wer sorgt für Konsequenzen und wie kann die Bewusstseinsbildung in den Mondseelandgemeinden dahingehend deutlich verbessert werden in Hinblick auf gemeinsame Naturschutz- und Klimaziele?

NATURA 2000 - HINTERGRUNDINFOS
Das Europaschutzgebiet Mondsee-Attersee inkl. Seeache, den Unterläufen von Zeller Ache, Fuschler Ache und Weißenbach umfasst eine Fläche von 6.134 ha.

Mit dem EU-Beitritt hat sich Österreich verpflichtet, die Vogelschutzrichtlinie sowie die FFH-Richtlinie umzusetzen, ein Netz an Natura 2000-Schutzgebieten auszuweisen und geeignete Schutzinstrumente zu finden – was mitunter mit Nutzungskonflikten verbunden ist. Deshalb ist die nationale Umsetzung auch unterschiedlich erfolgreich. Die EU stellt für Natura 2000 finanzielle Mittel zur Verfügung. Der nächste Bericht über den Erhaltungszustand ist unseres Wissens nach 2022 an die EU-Kommission zu erstellen. In Österreich wird Natura 2000 im Landesnaturschutzrecht geregelt. Die zuständige Abteilung Naturschutz der Landesregierung wurde unsererseits kontaktiert.

Mit Stand Oktober 2018 sind in Oberösterreich 48 Gebiete mit einer Gesamtfläche von etwa 79.568 ha für das Netzwerk Natura 2000 an die EU gemeldet (ca. 6 % der OÖ Fläche). Jene Schutzgebiete, die sowohl nach der FFH- wie auch der Vogelschutzrichtlinie ausgewiesen sind, werden in OÖ als „Europaschutzgebiet“ bezeichnet.

Quellen:
DORIS – Digitales Oberösterreichisches Raum-Informations-System https://www.land-oberoesterreich.gv.at
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Europaschutzgebiete_in_Ober%C3%B6sterreich

Veröffentlicht am 01.07.2020