Eigenständigkeit – Fusion – Verwaltungsgemeinschaft Aspekte aus Sicht der Landgemeinden

Eigenständigkeit – Fusion – Verwaltungsgemeinschaft Aspekte aus Sicht der Landgemeinden

Für viele ist „unsere“ Gemeinde ein Teil unserer Identität. Man fühlt sich als Lorenzer/Tiefgrabener oder Innerschwandner - das Aufgehen in eine größere „Mondseelandgemeinde“ wäre ein kleiner Heimatverlust. Wo man sich zu Hause fühlt, da macht man mit, da will man sich einbringen und „gehört dazu“. Von Befürwortern einer Fusion wird argumentiert, dass die Heimat, die Vereine und das kulturelle Leben von einer Fusion nicht beeinträchtigt wären – das stimmt vermutlich. Praktisch wäre jedoch ein wichtiger Teil der Eigenständigkeit nicht mehr da: Ein eigener Bürgermeister, unsere Ansprechpartner, unser Gemeinderat als Identifikationsobjekt fallen weg.

Andererseits fühlen sich viele ohnehin als „Mondseer“. Unbestritten ist Mondsee unser zentraler Ort – hier steht sogar das Gemeindeamt, hier spielt sich ein Großteil des kulturellen und sozialen Lebens ab. Vom Musikverein über diverse Sportvereine bis hin zur Pfarre – die meisten von uns sind bereits in irgendeiner Form Mitglied eines „Mondseelandvereines“. Aus diesem Blickwinkel ist eine Gemeindefusion lediglich ein Nachziehen zur bereits gelebten Lebenswirklichkeit der meisten Mondseelandbewohner.

Für die Beibehaltung der eigenständigen Gemeinden spricht das Prinzip der Subsidiarität: Entscheidungen sollen auf möglichst regionaler Ebene gefällt werden. Das hat ganz praktische Auswirkungen: Würde sich eine große Mondseelandgemeinde wirklich für unsere kleinen Badeplätze, für unsere Sporteinrichtung oder die kleinen Bauvorhaben einzelner ausreichend interessieren? Die kleinen Probleme einzelner Bewohner – vom Schülertransport bis zu Instandhaltungsmaßnahmen kleiner Nebenfahrbahnen – sind in der kleinen Gemeinde große Anliegen, in einer Großgemeinde kleine Nebengeräusche. Der einzelne Bürger ist in einer großen Gemeinde immer ein bisschen kleiner.

Andererseits kooperieren die vier Gemeinden in unterschiedlichster Form: Bei vielen Entscheidungen in den Gemeinderäten ist im Vorfeld eine Abstimmung zwischen den Gemeinden notwendig. Ein eigenständiger Weg ist in diesen Punkten nicht möglich, eine politische Debatte schwer: Wenn eine Gemeinde ausschert wäre das ganze Projekt nicht mehr möglich. Das beginnt bei kleinen gemeinsamen Projekten über die gemeinsame Personalwirtschaft bis hin zu finanziell recht anspruchsvolle Projekte wie den Ankauf von Teilen des Schlosses Mondsee: Eindeutig können hier die Gemeinderäte nicht in der notwendigen Form mitreden und kontrollieren. Eine Fusion brächte eindeutige Beteiligungsverhältnisse und wohl auch direkte Durchgriffs- und Mitspracherechte der gewählten Mandatare. In Sachen Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Entscheidungen wäre dies ein eindeutiger Fortschritt im Vergleich zur aktuellen Situation.

Sowohl von Gegnern als auch Befürwortern kommt immer wieder das Thema „Geld“ – seien es große Kosteneinsparungen, höhere Ertragsanteile, Subventionen und vieles mehr. An dieser Stelle nur folgendes: Durch die bestehende Verwaltungsgemeinschaft wurden große Teile möglicher Effizienzvorteile bereits erzielt, weitere könnten durch eine Erweiterung der Verwaltungsgemeinschaft mit Mondsee erzielt werden. Zudem sei angemerkt, dass alle 4 Mondseelandgemeinden sicher auch alleine keine Kleinstgemeinden sind und somit normalerweise wohl keine Fusionskandidaten wären.

Was eine Fusion in diesem Punkt wohl schon brächte wäre eine eindeutigere Verantwortlichkeit in der Verwaltung: Da der Bürgermeister „Chef“ der Verwaltung ist haben die Mitarbeiter der Verwaltungsgemeinschaft derzeit drei Chefs... kommt Mondsee dazu dann sind es vier... ob dieser Zustand für einen Verwaltungsapparat optimal ist möge sich der Leser selbst beantworten. Gäbe es einen direkt für die Verwaltung verantwortlichen und gewählten Bürgermeister können in der Verwaltung Optimierungen – sei es in effizienteren Vorgängen oder noch bürgerfreundlicheren Einrichtungen – erwartet werden. Garantie gibt es dafür allerdings keine. Der Landesrechnungshof hat in seiner Prüfung durchaus Verbesserungspotential in der Verwaltung gesehen.

Zum Thema Raumordnung: Festzustellen ist, dass die Baulandpreise inzwischen für Normalverdiener unleistbare Höhen erreicht haben und sich Baulandsicherungsregionen nicht wirklich aufdrängen. Dieses Problem haben jedoch alle Mondseelandgemeinden, eine Fusion würde die Handlungsspielräume eventuell etwas heben, das Problem bleibt aber.

Die derzeitigen Strukturen haben sich grundsätzlich bewährt, es gibt jedoch durchaus Möglichkeiten der Verbesserung. Ob dies durch eine Vertiefung, Erweiterung bzw. Veränderung der Verwaltungsgemeinschaft oder durch eine Fusion am besten umgesetzt werden kann ist derzeit noch offen. Die oben angeführten Punkte sind keine umfassende Liste aller betroffenen Aspekte – sollen aber verdeutlichen, dass es wohl die einzig wahre Antwort nicht gibt.

Fest steht allerdings, dass eine diesbezügliche Entscheidung nicht nur kurz wirken soll sondern nachhaltig und für Jahrzehnte oder noch länger zu fällen ist. Aufgrund kurzfristiger Argumente (wir haben kein Gebäude mehr, da gibts für 3 Jahre extra Subventionen,...) kann diese Entscheidung nicht gefällt werden. Aufgrund der Komplexität des Themas erscheint es auch nur zu verständlich, dass hier von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedliche Schwerpunkte gesehen werden.

Für den Normalbürger wird jedoch wohl auch folgendes festzustellen sein: Egal ob man in der kleinen Landgemeinde oder in einer fusionierten Mondseelandgemeinde lebt – man darf sich ordentliche Straßen, Infrastruktur und Müllabfuhr erwarten. Und es ist auch wahrscheinlich, dass in allen Fällen die Vorschreibung der Gemeindeabgaben funktionieren wird...

Wolfgang Kaltenleitner

Veröffentlicht am 20.12.2016